Welche Chancen Trumps Zölle für Anleger bieten

Wahrscheinlich schaust du in dein Depot, siehst das dicke rote Minus der letzten Tage und denkst dir: Chancen? Echt jetzt?
Ja, warum nicht? Ich bin eben ein unverbesserlicher Optimist. Und starke Abverkäufe haben schon immer Chancen für günstige Einstiege geboten – vor allem für langfristig orientierte Anleger.
In diesem Artikel ordne ich Trumps Zollpolitik ein: welche Zölle es gibt, welche Auswirkungen sie haben, wie es weiter gehen könnte und wie ich mich positioniere.
Und zum Schluss verrate ich dir noch 8 Aktien, die ihre Umsätze in Europa machen, und die es jetzt wesentlich billiger gibt.
Inhaltsverzeichnis
Welche Zölle gelten
Am 2. April hat Donald Trump ein umfangreiches Zollpaket angekündigt. Dabei wurden Zölle gegen 180 Länder verhängt.
Begründet hat Trump dies damit, dass all diese Länder angeblich die USA „geplündert und vergewaltigt“ haben.
Erkannt hat Trump dies am Handelsdefizit. Dem Unterschied zwischen Importierter zu Exportierter Ware mit einem anderen Land.
Dass die USA ein großes Handelsdefizit haben, ist erstmal richtig. Das gilt jedoch nur für physische Waren. Nicht mit einberechnet sind die Milliardenumsätze, die die großen amerikanischen Tech-Giganten wie Google, YouTube, Amazon, Microsoft oder Meta mit ihrer Software und Services überall in der Welt erwirtschaften.
Für die Errechnung des Zolls wird das Handelsdefizit der USA mit einem bestimmten Land durch die Exporte geteilt, die in dieses Land gehen und dann halbiert.
Dabei hat Trump auch Zölle gegen die Länder erlassen, mit denen die USA einen Handelsüberschuss generiert. Dabei müsste das nach Trumps Logik bedeuten, dass die USA diese Länder ausbeuten. Trotzdem werden sie mit Zöllen bestraft.
Gegen alle genannten Länder wurde ein Zoll von mindestens 10% eingeführt. Manche Länder trifft es jedoch härter. Hier ein Auszug:
Europäische Union: verhängter US-Zoll: 20 Prozent
Das ist der Zollsatz, der uns alle am härtesten treffen wird. Im Jahr 2023 exportierte die EU Güter im Wert von rund 503,8 Milliarden Euro in die USA. Ein Anteil von 19,7 % der Gesamtexporte.
Allein Deutschland hat daran einen Anteil von 157,9 Milliarden Euro. Dies entspricht für Deutschland einem Wert von knapp 10% aller deutschen Exporte.
China: verhängter US-Zoll: 34 Prozent
Wie ich es verstehe zusätzlich zu den bereits bestehenden Zöllen von 20%. Also insgesamt 54%
Das trifft alle Unternehmen hart, die in China produzieren. Beispiele sind Apple oder Tesla.
Vietnam: verhängter US-Zoll: 46 Prozent
Vietnam ist wichtig, da dort viele Klamotten Hersteller wie Adidas oder Nike ihr Waren importieren, aber auch der US-amerikanische Möbel Gigant Wayfair.
Donald Trump legt sich mit der ganzen Welt gleichzeitig an
Glück im Unglück ist, dass Trump sich nicht auf ein Land oder eine Region konzentriert. Er legt sich mit der ganzen Welt gleichzeitig an.
Die hat bereits zu einem Zusammenrücken in Europa geführt, zu einer Annäherung von Kanada an die EU und zu Gesprächen zu einer Freihandelszone zwischen China, Japan und Südkorea.
Differenzen werden plötzlich beiseitegeschoben, Zusammenarbeit vielerorts denkbar. Man bietet den USA Paroli und sucht gleichzeitig nach Alternativen zum US-Markt.
Kanada war eines der ersten Länder, dass von Trumps Zöllen getroffen wurde. In Kanada hat dies zu einem starken Patriotismus geführt. Die Bevölkerung vermeidet den Kauf von US Produkten, hat USA reisen storniert. Die Regierung hat schlagkräftige Gegenzölle und andere Maßnahmen veranlasst.
In China wurden Gegenzölle von 34% beschlossen und die Ausfuhr von seltenen Erden in die USA verboten.
Die EU hat gezielt Maßnahmen vorbereitet, die vor allem republikanische Statten treffen sollen. Diese könnten ab Mitte April in Kraft treten. Bis jetzt machte die USA immer wieder Verhandlungsangebote, die von Trump bisher allerdings nicht angenommen wurden.
Ich finde die EU verhält sich clever, gesprächsbereit und trotzdem klar in den angekündigten Maßnahmen, sollte es nicht zu einer gütlichen Einigung kommen.
Gegenwehr formiert sich
Trumps harte Maßnahmen haben in seiner kurzen Amtszeit bereits zu großem Unmut in der US-Bevölkerung geführt.
Entlassene Beamte und Wissenschaftler, der Umgang mit Immigranten, die Beschneidung von Rechten für Queere und teurere Preise im Supermarkt haben ihre Spuren in der Bevölkerung hinterlassen.
Das Fass zum Überlaufen brachten dann die abstürzenden Aktienmärkte. In den USA besitzen über 60% der Bevölkerung Aktien und viele nutzen den 401(k) Plan zur Absicherung ihrer Rente.
Der S&P 500 ist bereits 17,5% vom Hoch gefallen, der NASDAQ 100 sogar 21,5%. Hauptsächlich in Reaktion auf die verkündeten Zölle.
In vielen Städten haben sich unter dem Motto „Hands Off“ viele zehntausend Menschen versammelt, um gegen die Politik der Trump Regierung zu protestieren.
Die Frage ist wie lange Trump unter dem Protest der Bevölkerung und unter dem Druck der ausländischen Regierungen seine Politik wird beibehalten können.
Wie es weitergehen wird
Du fragst dich jetzt sicherlich: wie wird es weiter gehen? Werden die Märkte weiter fallen? Wird Trump an seinen Zöllen festhalten oder wird er Deals machen? Kann Europa sich mit seinen Vorschlägen durchsetzen, oder droht uns ein harter Handelskrieg?
Die ehrliche Antwort ist: ich weiß es nicht. Und ganz ehrlich: die ganzen Experten im Fernsehen und auf YouTube wissen es auch nicht. Zumindest nicht verlässlich. Wenn sie es verlässlich wüssten, dann wären sie innerhalb kürzester Zeit super reich.
Was ich allerdings weiß, ist das Trump unberechenbar ist.
Bis kurz vor der Verkündung der Zölle haben viele geglaubt, dass es schon nicht so schlimm werden wird. Haben mit logischen Argumenten argumentiert.
Aber Trump ist nicht logisch. Er ist willkürlich.
Auch vor dem sogenannten Liberation Day hat Trump Zölle beschlossen, wieder ausgesetzt, verdoppelt und verschoben. Je nach Lust und Laune oder je nachdem mit wem er gerade gesprochen hat.
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit erließ er dutzende Dekrete. Selbst für Themenstellungen, für die er als Präsident gar nicht die Befugnis hat. Auf Gerichtsurteile hört er nicht und zieht seine Maßnahmen weiter durch.
Doch was bedeutet das für mich als Investor?
Meine Positionierung
Solange Trump Präsident in den USA ist, möchte ich nicht nennenswert in amerikanische Unternehmen investieren. Ich möchte nicht maßgeblich von einem willkürlichen Präsidenten im weißen Haus abhängig sein, der Politik aus einer Laune heraus und ohne Rücksicht auf Verluste macht.
Mein Portfolio konzentriere ich zum größten Teil auf Europa. Und damit fühle ich mich verdammt wohl.
Würde ich jetzt all in gehen? Sicher nicht.
Aber die ein oder andere Aktie ist in der allgemeinen Markt Panik zu Unrecht stark gefallen und eventuell ergeben sich bereits jetzt günstige Einstiegsgelegenheiten. Gerade für langfristig orientierte Anleger.
Diese 8 europäischen Aktien gibt es jetzt billiger
Hier sind 8 Aktien die stark gefallen sind, deren Geschäft aber kaum durch die US-Zölle gefährdet ist.
Porr
Die Porr AG ist ein großes österreichischen Bauunternehmen und in allen Sparten der Bauwirtschaft aktiv.
Die Porr Aktie ist vom Hoch um fast 19 % gefallen. Dabei hat Porr mit dem amerikanischen Markt nichts am Hut. Im Gegenteil, man profitiert unter anderem stark vom 500 Mrd. schweren Sondervermögen in Deutschland.
Porr hat aktuell eine Marktkapitalisierung von 1 Mrd. €, ein KGV von 10,5 und eine Dividendenrendite von 3,7%. Das halte ich für attraktiv.
Zalando
Zalando ist eines der größten Modeunternehmen in Europa und hat seine Marktmacht kürzlich mit der Übernahme von About You gestärkt. Zalando macht fast alle seine Umsätze in Europa. Über einen Umweg kann man zwar auch in den USA bei Zalando bestellen, das fällt Umsatztechnisch jedoch nicht ins Gewicht.
Zalando ist vom Hoch über 26 % gefallen. Der Unternehmenswert liegt bei knapp 8 Mrd. €.
Im Jahr 2024 hat man einen Umsatz von 10,57 Mrd. € bei einem Nettogewinn von 251 Mio. € erwirtschaftet.
Damit bekommt man Zalando aktuell für ein KGV von 31.
Zalando will seinen Umsatz in 2025 um 4 bis 9% steigern. Hinzu kommen noch die etwa 2 Mrd. € Umsatz von About You.
Friedrich Vorwerk
Die Friedrich Vorwerk Group baut Energie Infrastruktur in Deutschland und erhält sein Geld vom deutschen Staat. Errichtet werden z.B. Wasserstoff Leitungen und Stromtrassen. Friedrich Vorwerk profitiert massiv vom 500 Mrd. € schweren Sondervermögen und die Auftragsbücher sind voll.
Die Aktie ist vom Hoch knapp 11 % gefallen, trotzdem ist Friedrich Vorwerk mit einer Marktkapitalisierung von 1,13 Mrd. € und einem KGV von 29 nicht ganz billig.
Mehr Details findest du in meiner Aktienanalyse zu Friedrich Vorwerk.
MHP Hotel
MHP Hotel ist ein Betreiber und Investor von Luxus- und Premium-Hotels in der DACH-Region. Und es läuft gut bei MHP: über die nächsten Jahre erwarte ich ein jährliches Umsatzwachstum von 10 bis 15%.
Vom Hoch ist MHP Hotel Aktie über 22% gefallen. Die führt zu einer Marktkapitalisierung von gerade mal 53 Mio. € und das bei einem 2024er Umsatz von 160 Mio. €.
Mehr Details findest du in meiner Aktienanalyse zur MHP Hotel AG.
Shelly
Shelly ist ein Anbieter von SmartHome Hardware und Software. Erst dieses Jahr hat man smarte Türschlösser in sein Sortiment aufgenommen und diese verkaufen sich bereits wie warme Semmeln.
Shelly verdient sein Geld im Kern von Europa und hat dort noch viel Wachstumspotential vor sich. Aktuell wächst man mit 40% beim Umsatz, bei einer Nettomarge von 25%. In den USA ist Shelly nicht aktiv.
Vom Hoch hat sich die Aktie fast 18% entfernt. Shelly ist mit einer Marktkapitalisierung von 580 Mio. € und einem KGV von 25 nicht teuer.
Mehr Details findest du in meiner Aktienanalyse zu Shelly.
Smartbroker Holding
Die Smartbroker Holding betreibt Medienportale wie wallstreet-online.de, aber auch den Broker SmartbrokerPlus. Bei letzterem konnte man zuletzt große Erfolge vorweisen, sowohl bei der Implementierung von Features als auch beim Kundenwachstum.
Der Geschäfts-Fokus der Smartbroker Holding liegt auf der DACH-Region.
Die Aktie ist vom Hoch gut 10% gefallen und wird aktuell mit einer Marktkapitalisierung von ca. 170 Mio. € bewertet.
YOC
YOC ist vom letzten Hoch um fast 21% gefallen. Dabei waren die letzten Zahlen des auf hochwertige Werbung spezialisierten Unternehmens recht gut. Hier erwartet der Markt wohl eine konjunkturabhängige Abschwächung der Geschäftszahlen.
Die Firma ist hauptsächlich in der DACH-Region und Schweden aktiv.
YOC ist trotz des erwarteten Wachstums von 14% nur mit einem KGV von 14,5 bewertet.
HomeToGo
HomeToGo betreibt eine Plattform für die Vermittlung von Ferienunterkünften, bietet aber auch erfolgreich Softwarelösungen für Vermieter an.
Sein Hauptgeschäft macht HomeToGo in Europa. Man ist auch am US-Markt aktiv, dieser ist allerdings nicht von den Zöllen betroffen, da es sich um Service Lösungen handelt.
HomeToGo ist vom Hoch über 28 % gefallen. Dieser Abfall hängt jedoch nicht nur mit der aktuellen Markt Volatilität zusammen, sondern auch mit der kürzlich getätigten Kapitalerhöhung zur Übernahme der Interhome Gruppe.
An der Börse ist HomeToGo aktuell 320 Mio. € wert und peilt für 2025 einen Umsatz von über 300 Mio. € an. Da man die vergangenen Jahre die Marge beachtlich steigern konnte, ist man an der Schwelle zur Profitabilität.
Die Geschäfte von HomeToGo sind konjunkturabhängig. Die Frage ist also wie stark der Handelskrieg mit den USA die Konjunktur in Europa belasten wird.
Mehr Details findest du in meiner Aktienanalyse zu HomeToGo.
Update 09.04.25: 90-tägige Zollpause
Am 9.4. hat Trump eine 90-tägige Zollpause mit sofortiger Wirkung verkündet. In dieser Zeit sollen die Zölle für die meisten betroffenen Länder pauschal auf 10 % gesetzt werden, auch für die EU. Für China gilt dies jedoch nicht, hier sollen die Zölle auf insgesamt 125% erhöht werden.
Fazit
Die Börsen sind volatil, die Lage unübersichtlich. Aber den Kopf in den Sand zu stecken und alle Aktien zu verkaufen entspricht nicht meinem Naturell. Jede Krise bringt auch Chancen mit sich. Die Frage ist wie man auf die aktuelle Lage reagieren und sich clever für die Zukunft Positionieren kann. Meine Antwort darauf ist eine Positionierung mit Aktien aus Deutschland und Europa.
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Disclaimer: Der Autor ist direkt und indirekt in alle genannten Werte investiert, oder überlegt in diese zu investieren. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.