Die Vimeo Aktie – wie der kleine David dem Goliath YouTube trotzt
In diesem Artikel stelle ich die Geschichte von Vimeo dar: von den enthusiastischen Anfängen, über die Zeiten des Umbruchs bis hin zum Blick in die Zukunft.

In diesem Artikel stelle ich die Geschichte von Vimeo dar: von den enthusiastischen Anfängen, über die Zeiten des Umbruchs bis hin zum Blick in die Zukunft.
Ich mache diese Reise durch die Geschichte von Vimeo, weil sie spannend und interessant ist. Aber auch, um zu zeigen, welche Nische sich Vimeo erobert hat und wie es die Plattform schafft als kleiner David gegen den Übermächtigen Konkurrenten YouTube zu bestehen. Und das schon seit 20 Jahren.
Am Ende werfe ich noch einen Blick auf die Bewertung der Vimeo Aktie und ob sich ein Investment lohnt.
Inhaltsverzeichnis
Der Start – das Indie YouTube für Künstler und Kreative
Vimeo wurde bereits 2005 gegründet.
Der etwas seltsam anmutende Name Vimeo stammt von Mitgründer Jakob Lodwick und ist ein Anagramm des englischen Wortes movie.
Die Vision der frühen Tage: eine Videoplattform für Künstler und Kreative.
So fand sich auf Vimeo zu dieser Zeit vor allem künstlerisch hochwertiger Content wie Musikvideos, Indie-Filme und Dokumentationen. Dabei sprach Vimeo vor allem professionelle Content-Ersteller an.
YouTube hingegen öffnete seine Türen für jeden mit einer Webcam und einer Internetverbindung. Jeder durfte Inhalte hochladen, sich ein Publikum aufbauen und damit sogar Geld verdienen. Und das ohne irgendeinen teuren Payment Plan, sondern völlig umsonst.
Dieser Ansatz war bahnbrechend. Jeder ambitionierte Content Creator wollte plötzlich auf YouTube präsent sein, egal ob Filmemacher, Künstler oder Komiker. Dieser Strom an frischem Content zog neue Zuschauer an, was wieder mehr Content Creator anzog, und so wuchs die Plattform YouTube rasant. Auch mit der finanziellen Unterstützung der Konzernmutter Google.
Mit diesem rasanten Nutzerwachstum konnte Vimeo mit seinem Fokus auf professionelle Filmemacher nicht mithalten.
Vimeo braucht einen frischen Ansatz, eine neue Energie, eine Charismatische Anführerin.
Das Wachstum – die frühe Erfolgsphase
Wer sich mit der Geschichte von Vimeo beschäftigt, kommt nicht der damaligen charismatischen Chefin Anjali Sud vorbei, an ihren großen Erfolgen, ihrem Ruhm und ihrem tiefen Fall.
Im Jahr 2017 wurde Anjali Sud mit nur 34 Jahren Geschäftsführerin von Vimeo. Sie führte das Unternehmen mit großer Leidenschaft und großer Ungeduld. Das war genau die Kombination, die das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt brauchte.
Sie positionierte Vimeo als YouTube-Alternative mit webefreien Videos, z.B. im geschäftlichen Umfeld.
Anfang 2020 kam dann die Pandemie. Das Video-Format als Marketing-Instrument war plötzlich gesucht wie nie, Betriebsversammlungen und Aktionärs-Meetings wurden als Live-Streaming auf der Vimeo Plattform angeboten.
Wachstumsraten zwischen 40 und 70% auf Jahressicht waren in dieser Zeit normal für Vimeo. 2021 kam die Video Plattform Vimeo genau in dieser Hochphase als Spin Off der Holding IAC eigenständig an die Börse.
Ende 2021 hatte die Plattform 260 Millionen Benutzer und etwa 1,6 Millionen Abonnenten.
Plötzlich war Anjali Sud eine Art Superheldin unter den weiblichen CEOs.
Sie wurde von der Fortune und von Crain in die „40 unter 40“-Liste aufgenommen. Bei Adweek folgte die Aufnahme in die „Power List“ und beim Hollywood Reporter in die „Next Gen Under 35“-Liste.
Im World Economic Forum wurde sie als „Young Global Leader“ genannt und sie war Mitglied im Vorstrand der Dolby Laboratories.
Als junge, weibliche CEO war sie gesucht als Sprecherin auf Konferenzen zum Thema wie junge Frauen es ins Management schaffen und erfolgreich sein können.
Anjali Sud war auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen.
Doch nach der Pandemie ebbten die starken Wachstumsraten ab, die Menschen wendeten sich wieder anderen Aktivitäten zu, die Nutzerzahlen gingen zurück. Die einst so hochgelobte Chefin Anjali Sud geriet zunehmend unter Druck.
In den Zeiten des rasanten Umsatz- und Nutzerwachstums hatten die Aktionäre wohlwollend über den Umstand hinweggesehen, dass Vimeo immer noch jedes Jahr mehrere Millionen Dollar Verluste machte. Hatten doch YouTube und Amazon auch jahrelang Verluste gemacht und hatten sich zu hervorragenden Unternehmen entwickelt.
Doch nach der Pandemie änderte sich dieses Bild: das Wachstum ebbte ab, die Zinsen stiegen, die Aktionäre konzentrierten sich auf profitable Unternehmen. Doch die Margen von Vimeo blieben gering, das Unternehmen schrieb Verluste und eine kurzfristige Lösung war nicht in Sicht.
Und damit waren auch die Tage von Anjali Sud als CEO von Vimeo gezählt.
Der Umbruch – der Umbau hin zur Enterprise Lösung
Um den Wandel anzugehen, wurde Philip Moyer als neuer CEO von Vimeo berufen.
Ab diesem Zeitpunkt ging es dann schnell: Vimeo konzentrierte sich fortan auf Unternehmen und stellte das Preismodell radikal um. Vimeo vollzog einen harten Transformationsprozess und die Verlierer waren ausgerechnet die vielen kleinen Kreativschaffenden, die Vimeo einst groß gemacht hatten.
Viele konnten die wesentlich höheren Preise nicht mehr bezahlen. Das Sorgte für viel Unmut und das Netz war voll von negativen Kommentaren. In unzähligen YouTube Videos und Forenbeiträgen wurde Vimeo bereits totgesagt. Die Argumentation: man hatte sich die Kundenbasis zerstört. Das Ende von Vimeo schien nah.
Doch Vimeo ließ sich davon nicht beirren, blieb seiner Strategie treu und stelle nach und nach sein Leistungsportfolio auf die Bedürfnisse von Firmen um.
Und es funktionierte.
Innerhalb von wenigen Quartalen formte sich aus der margenschwachen Video-Plattform für Künstler, eine SaaS Plattform für Unternehmen mit steigenden Cashflows.
Für die Kulturszene ein herber Rückschlag, aber Vimeo war drauf und dran endlich profitabel zu werden. Das war auch die Zeit, in der ich in Vimeo investierte. Hier entstand etwas Großes und ich wollte dabei sein.
In Windeseile gewann man namhafte Kunden wie Workday, Goodyear, Mazda oder die Church of England. Und jedes Quartal folgen neue Erfolgsmeldungen.
Mittlerweile macht der Enterprise Umsatz bei Vimeo in etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes aus.
Doch trotz all dieser Erfolge beim Enterprise Umsatz hatte Vimeo nach wie vor ein Problem. Genauso schnell wie der Enterprise Umsatz wuchs, schrumpfte der Umsatz beim Endkunden Geschäft.
Ein Plan musste her, um mit dem Gesamtunternehmen auf den Wachstumspfad zurückzukehren. Und dieser Plan ist 30 Millionen Dollar schwer.
Die Zukunft – der neue Fokus und die KI
Mit dem Aufkommen von Large Language Models wie ChatGPT kam erneut Unsicherheit auf: würde die Videoerstellung mit Vimeo mit den neuen KI-Tools obsolet werden?
Doch bald darauf verkündete Vimeo die Integration von KI-Features in die eigene Content-Software.
Die wesentlichen Features sind:
- Ein KI-basierter Chatbot, der Vorschläge für ein Video Skript machen kann.
- Ein während der Videoaufnahme eingeblendeter Teleprompter
- Eine KI gestützte Schnitthilfe, die mit einem Mausklick Füllwörter entfernt, oder den Schnitt Anhand der Bearbeitung des Textskripts erlaubt.
Beim letzten Earnings Call sagte der CEO, dass im Q4 40% der Kundenverträge durch die neuen KI-Features zustande kamen. Ich denke daran sieht man, dass Vimeo kein KI-Opfer, sondern ein KI-Profiteur ist.
Im Jahr 2025 möchte Vimeo 30 Mil. $ in den Ausbau von Video-Formaten, Sicherheit, Unternehmenslösungen und weitere KI-Features investieren, um wieder nachhaltiges Umsatzwachstum zu generieren. Bis zum Ende des Jahres 2025 möchte man wieder zweistellige Wachstumsraten erreichen. Ein ambitioniertes Ziel.
Der Aktienkurs hat bei Verkündung der hohen Investitionssumme erstmal einen deutlichen Rücksetzer hingelegt. Doch dadurch, dass man durch den Umbau mit dem Fokus auf Enterprise Lösungen die Margen stark verbessert hat, kann man sich dieses Investment nun leisten.
Ich finde das Vorgehen gut. Schlussendlich braucht man wieder Umsatzwachstum, um in diesem Markt zu bestehen. Und der reine Fokus auf Effizienzsteigerungen ist keine Strategie für die Ewigkeit.
Ob sich diese Investitionen in der Zukunft auszahlen, bleibt abzuwarten. Ich persönlich bin positiv gestimmt. Philip Moyer hat mit dem erfolgreichen Umbau des Unternehmens mit dem Fokus auf Unternehmenslösungen bereits bewiesen, dass er strategische Initiativen erfolgreich umsetzen kann.
Bewertung der Vimeo Aktie
OK, wir haben gelernt welche Nische sich Vimeo geschaffen hat und wie die Zukunft aussehen soll. Doch wie sieht es mit der Bewertung der Aktie aus?
Die Kurze Antwort: im Gegensatz zu vielen US-Amerikanischen High-Flyern mit exorbitanten Bewertungen empfinde ich die Vimeo Aktie attraktiv bewertet. Vor allem nach dem letzten Kurs-Rücksetzer.
Vimeo | |
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Marktkapitalisierung | 909 Mio. $ |
Umsatz 2024 | 417 Mio. $ |
Umsatzwachstum 2024 | ~ 0% |
Bruttomarge | 78% |
Nettogewinn | 27 Mio. $ |
Gewinnwachstum 2024 | 23 % |
Cash | 325 Mio. $ |
KUV | 2,1 |
KGV | 34 |
Auf den ersten Blick sieht Vimeo mit einem KGV von 34 nicht gerade nach einem Schnäppchen aus. Wirft man jedoch einen Blick auf das Gewinnwachstum von 23%, so wird einem schnell klar, welches Potential Vimeo noch hat die Gewinnmarge zu steigern.
2022 hat Vimeo noch einen Verlust von 79 Mio. $ erwirtschaftet, in 2024 bereits einen Gewinn von 27 Mio. $. Eine Veränderung von 106 Mio. $ in nur zwei Jahren!
Man stelle sich vor wie sich der Gewinn in den Jahren noch weiter entwickeln könnte, sollte das Enterprise Geschäft weiterhin so gut entwickeln und sollte das Umsatzwachstum des Gesamtkonzerns wieder bei 10% und mehr liegen.
Ja, „sollte“. Das hängt auch davon ab, ob sie die Investitionen von 30 Mil. $ auszahlen. Aufgrund der Investitionen wird der Gewinn wohl erstmal rückläufig sein.
Doch wenn sich die Investitionen auszahlen, kann ein erfolgreiches SaaS Unternehmen mit einer Bruttomarge von fast 80% und einem zweistelligen Wachstum auch mal gerne mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 4 bis 6 gehandelt werden.
Reichlich Aufwärtspotential also.
Fazit
Vimeo musste sich im Laufe seiner Unternehmensgeschichte immer wieder neu erfinden. Die äußeren Umstände und die harte Konkurrenz zwangen Vimeo die Transformation von der Indie-Video-Plattform, hin zur Enterprise SaaS Firma auf und diese Transformation ist noch nicht abgeschlossen.
Doch mit Blick auf die Geschichte glaube ich, dass Vimeo seine Nische erfolgreich gefunden und besetzt hat und es jetzt darum geht diese Nische weiter auszubauen.
Nach den Kennzahlen, der strategischen Ausrichtung und den vorhandenen Wachstumspotentialen, finde ich die Vimeo Aktie attraktiv bewertet.
Ich freue mich schon jetzt auf die weitere Entwicklung und das nächste Kapitel in der spannenden Geschichte von Vimeo.
Was ich mache
Vimeo befindet sich bereits seit einiger Zeit in meinem investierbaren wikifolio Wachstumsunternehmen EU und NA und steht trotz des deutlichen Rücksetzer noch bei gut 45% im Plus.
Ich bin davon überzeugt, dass noch viel Potential in Vimeo schlummert und werde meine Position weiter halten.
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